Produkttester
Vielen Dank Mindfactory für die Auswahl zur Produkttesterin für dieses Board! Tatsächlich ist das meine erste AMD Plattform seit dem Athlon 64 vor mittlerweile gut 20 Jahren, weshalb ich doch einigermaßen gespannt auf den Test bin. Mit AM5 und speziell den dafür verfügbaren X3D Prozessoren hat AMD wieder einen großen Wurf gelandet. Das Tomahawk aus der MAG Serie ist gewissermaßen noch ein Einstiegs-Mainboard mit dem großen X670E Chipsatz, sprich ein vermeintlich gut ausgestattetes Board zum günstigen Preis. In dem Sinne kann ich kaum an mich halten und mache mich direkt ans Unboxing:
- Design
Die Verpackung ist relativ schmucklos und verdeutlicht bis auf die diversen X670E Schriftzüge erst auf der Rückseite, dass hier ein Mainboard drin steckt. Immerhin sind dort die Features recht klar aufgeführt, die Ausstattungsliste liest sich außerdem sehr gut. Im Prinzip finde ich aber, dass man lieber eine Recycling Verpackung nutzen sollte, da vermutlich ohnehin niemand durchs Ladengeschäft stöbert und dann aufgrund der Verpackung ein Mainboard kaufen würde. Was mir außerdem an einigen vornehmlich günstigeren MSI Produkten missfällt, ist die militärische Namensgebung. Ginge es rein nach dem Namen, würde ich mir keinen Marschflugkörper in den PC bauen wollen und würde mir einfach etwas einladendere Namen für diese Produktreihe wünschen.
Das Tomahawk WIFI selbst kommt wie sonstige Vertreter mit diesem Namen relativ schlicht in lebensbejahendem Schwarz daher und ohne jegliche Beleuchtung. Alle Anschlüsse sind gut beschriftet und erreichbar. Im Prinzip findet sich auf dem Board alles was man braucht inklusive PCIe 5.0, was aktuell wohl noch die wenigsten brauchen.
Dennoch reizt das Board die Möglichkeiten des X670E Chipsatzes nicht wirklich aus. Im Prinzip könnte man das alles auch mit einem B650E Chipsatz abbilden, aber eventuell hält der "große" X670E mehr Strahlkraft bereit. Auf meiner Wunschliste fehlt mir eigentlich nur eine Diagnostic LED mit Segmentanzeige zwecks Troubleshooting im Problemfall, die MSI den teureren Boards vorbehält. Warum das Board nur einen ALC1200 vorweist, halte ich wirklich für unverständlich - ein ALC1220 oder dem quasi gleichen, aber anders angebundenen ALC4080 mit deutlich besseren Features wäre angebracht. Für meine 3 M.2 SSDs gibt es erfreulicherweise genau 3 von 4 Slots, die auch passiv gekühlt werden. Teurere Boards haben aber meist noch mehr und deutlich massivere Passivkühler.
- Verarbeitung
Was die Verarbeitung von Mainboard angeht, habe ich eigentlich geringe Ansprüche. Hauptsache, alles sitzt fest und das PCB und die Kühler sehen einheitlich lackiert aus. Das trifft beim MAG X670E Tomahawk auf jeden Fall zu. Alle Anschlüsse sind sehr gut beschriftet. Für 300€ kriegt man optisch und haptisch bei MSI keinen Ramsch. Es fühlt sich sehr robust an, auch wenn es denjenigen, die schon mal ein Unify oder Ace in der Hand hatten, vielleicht etwas "leicht" vorkommt.
- Montage
Für alle nicht ganz so affinen Bastler legt MSI ein recht umfangreiches Handbuch bei, in dem alle wichtigen Schritte erklärt sind. Ich starte direkt mit dem Einbau der Komponenten. Was mir in der Vergangenheit bei MSI Mainboards wie dem Z590 Unify und auch dem Z690 Carbon WIFI bereits mehrfach auffiel ist, dass diverse M.2 Kühler mit unfassbar filigranen Schräubchen gehalten werden, bei denen man schon besser gutes Werkzeug bereithalten sollte. Das ist hier zum Glück nicht der Fall, dafür lassen sich einige der Schrauben nur recht schwer drehen. Also alle SSDs, RAM und CPU installiert und ab damit ins Gehäuse. Kühler drauf, komplett verkabeln, Grafikkarte rein - die Installation geht so leicht oder schwer von der Hand wie gefühlt bei jedem sonstigen Board.
Ein paar Kleinigkeiten fallen bei der Montage aber doch auf:
1.) Für die fummeligen Front Panel Anschlüsse des Gehäuses gibt es keinen beigelegten Adapter, man muss also wieder jedes Kabel einzeln anstöpseln. Für ein paar Cent könnte man hier allen KäuferInnen das Leben so sehr erleichtern...
2.) Der Hebel für den PCIe 5.0 Slot ist nicht gut erreichbar. Er wird größtenteils durch die Grafikkarte selbst und zusätzlich durch den M.2 Kühler verdeckt. Wehe denen, die ihre Grafikkarte tauschen oder auch nur temporär ausbauen wollen.
3.) Bei den WLAN Antennen merkt man sofort, dass am falschen Ende gespart wurde. Ein aufstellbares Modul (bei den größeren Boards liefert MSI sogar solche mit magnetischem Fuß) wäre erheblich besser, denn die Antennen stören auf der Rückseite beim Anschluss der Peripherie und haben dort auch oft nicht den besten Empfang.
Ich könnte jetzt bereits per BIOS Flashback das BIOS updaten, aber ich würde doch gerne erstmal prüfen, ob das System so schon startet und welche Version überhaupt installiert ist. Und siehe da: läuft! Das installierte BIOS ist nicht ganz die neueste Version sondern die initiale Version 1.0 vom Februar, welche die 3D-VCache CPUs aber bereits unterstützt und entsprechend bootet. Daher update ich danach direkt auf die zum Zeitpunkt des Tests aktuellste stabile Version 1.30. Danach geht es dann an die Konfiguration.
RAM Geschwindigkeit einstellen, Lüfterkurven setzen, viel ist nicht zu machen. Ich benutze einen Ryzen 7800X3D und muss mich zugegebenermaßen nach knapp 20 Jahren Intel-Erfahrung erst einmal wieder im AMD Dschungel zurechtfinden. Das MSI BIOS unterstützt dabei sehr gut, die Menüs sind übersichtlich und intuitiv gestaltet, die meisten Optionen werden gut erklärt. Erfreulicherweise klappt alles auf Anhieb mit den Settings und ich kann den Rechner booten bzw. erstmal Windows installieren. Angesichts des Plattformwechsels will ich hier doch einmal "Tabula rasa" machen und ein frisches System haben. Leider klappt das dann doch nicht so ganz mit der Windows Installation - mit aktiviertem EXPO bricht das Setup immer ab oder lässt sich gar nicht erst ausführen.
Was im MSI BIOS leider gar nicht geht, ist RGB Beleuchtung zu konfigurieren. Nicht einmal ein- und ausschalten lässt sie sich hier. Dafür muss ich dann stattdessen das über 500MB große MSI Center installieren, das dann zumindest aus meiner Erfahrung ständig bei Updates die Einstellungen vergisst.
- Leistung
Meine restliche Test-Hardware sieht wie folgt aus:
AMD Ryzen 7 7800X3D
G.Skill 32 GB DDR5-6000 CL30 Neo
Gainward RTX 4080 Phantom
2 x Western Digital SN850 1TB
1 x Western Digital SN750 1TB
Während meiner Tests lief die Hardware mit dem vorliegenden BIOS leider nicht stabil, sobald EXPO aktiv war. Um einen stabilen Betrieb zu garantieren, musste ich also die EXPO Settings deaktivieren, wodurch der RAM nur bei langsamen 4800 MHz lief. Das deckt sich leider auch mit den Erfahrungen anderer Nutzer auf Reddit & Co.; zwar lag zum Zeitpunkt des Tests Beta BIOS v141 vor, allerdings warte ich sicherheitshalber auf eine stabile Version, da laut einigen Berichten im Netz zwar die Stabilität mit EXPO tatsächlich deutlich verbessert wird, dafür aber noch andere Issues bestehen.
Meine Benchmarks liefern Werte, die sich mit denen vergleichbarer Systeme decken, wobei eine Anhebung der RAM-Geschwindigkeit durch EXPO sicherlich noch Tempo bringen sollte. Der Stromverbrauch vom Mainboard scheint mir ebenfalls im Rahmen des zu Erwartenden zu sein.
- Haltbarkeit
Das X670E Tomahawk hinterlässt wie bereits angesprochen einen robusten Eindruck, über die Langlebigkeit lässt sich nach wenigen Test-Tagen aber natürlich noch keine abschließende Aussage treffen. Es ist allerdings zu hoffen, dass das Mainboard viele Jahre durchhält, da AMD in der Vergangenheit bereits stets ihre Plattformen über mehrere Jahre unterstützt haben und dies auch für AM5 angekündigt haben. Mit DDR5, PCIe 5.0 und 16 virtuellen Phasen sollte das Board
- Vergleich zur Konkurrenz
Grundsätzlich ist das X670E ein schickes Board, das sich optisch zwischen der günstigen Pro Serie und den teureren Board der MPG und MEG Serien einordnet. Während das Pro X670-P WIFI "nur" rund 50€ günstiger ist, werden für ein MPG X670E Carbon WIFI bereits 150€ mehr verlangt. Ein MEG X670E Ace kostet dagegen gut 2,5 mal so viel und das Godlike mehr als das Vierfache. Wodurch unterscheiden sich die Boards bei solch gigantischen preislichen Differenzen?
Pro X670-P WIFI: Das Board verfügt gegenüber dem Tomahawk "nur" über den X670 ohne 'E' Chipsatz. In der Ausstattung macht sich das jedoch kaum bemerkbar, es fehlt ein PCIe 5.0 x16 Slot und die I/O-Blende ist nicht integriert. Außerdem wird nur für den primären M.2 SSD Slot ein Kühler (M.2 Frozr) beigelegt. Wer weitere M.2 verbaut, muss sich selber kümmern.
MPG X670E Carbon WIFI: Auf den ersten Blick würde ich schon sagen: Das Carbon WIFI sieht eine ganze Ecke hübscher aus als die vorigen Boards. Das Carbon WIFI hat sogar 2 x PCIe 5.0 x16 Slots und auch 2 x PCIe 5.0 M.2 Slots. Bei der heutzutage verfügbaren Hardware scheint das erstmal "Overkill". Da die Plattform aber AMD-üblich wieder 5 Jahre oder mehr Bestand haben soll und innerhalb von 5 Jahren viel Wasser den Rhein hinunter fließt, könnte das für bestimmte Anwendungsfälle vielleicht interessant werden. Aus meiner Sicht heben sich bereits PCIe 4.0 M.2 SSDs im Normalbetrieb kaum nennenswert gegenüber PCIe 3.0 SSDs ab. PCIe 5.0 ist hier eher noch für diejenigen Enthusiasten, die auf dem Papier das Beste haben wollen. PCIe 5.0 Grafikkarten dagegen werden noch lange warten lassen, zumal PCIe 4.0 hier noch nicht einmal ausgelastet wird. Und wer nutzt heute schon noch großartig mehr Erweiterungskarten?
Das Carbon WIFI hat außerdem noch mehr USB Ports auf der I/O-Blende, einen Thermal-Sensor, einen externen Clear-CMOS-Button sowie Smart Button, RGB-Beleuchtung und eine größer dimensionierte Spannungsversorgung. Hierzu muss man aber deutlich sagen, dass bereits die Spannungsversorgung der kleineren Boards immer noch stärker ausgebaut ist als auf vergleichbaren B650 Boards und alle natürlich so ausgestattet werden, dass die verfügbaren CPUs auch tatsächlich betrieben werden können. Für allzu hartes OC sollte man aber vermutlich tiefer in die Tasche greifen.
Zudem gibt es bei diesem Modell endlich eine Diagnostic-LED mit Segmentanzeige. Das Carbon WIFI hebt sich insgesamt schon deutlich vom Tomahawk WIFI ab, wobei letztgenanntes Feature für mich das einzig wirklich relevante ist. Dafür wären 150€ mehr dann doch etwas viel.
MEG X670E Ace: Das Ace macht noch einmal alles besser (und ist auch optisch ein richtiger Leckerbissen), hat sagenhafte 3 PCIe 5.0 Slots, dafür aber gegenüber dem kleineren Carbon WIFI nur einen PCIe 5.0 M.2 Slot. Spontan fällt mir gar kein Anwendungsfall ein, für den das so wirklich Sinn ergäbe. Es gibt einen 10GBase-T LAN Port (aber auch nur einen), eine noch üppigere Spannungsversorgung und noch üppigere RGB-Beleuchtung. Zusätzlich gibt es einen hochwertigen ESS DAC von ESS. An sich ist das ein nettes Feature, jedoch würde ich immer einen externen DAC vorziehen - die haben dann nochmal mehr Features und Leistung und davon hat man dann auch noch nach dem nächsten Plattformwechsel was.
Beim Gesamtpreis des Ace muss man aus meiner Sicht schon begeisterter Fan sein oder aber einen ganz besonderen Anwendungsfall haben, der dieses Board notwendig macht. Andernfall scheinen mir fast 800€ für ein Mainboard extrem viel.
Man könnte hier auch kurz die AM5 Plattform verlassen und einen Ausflug anderer Art unternehmen. Ein MSI MAG Z790 Tomahawk WIFI hat einen besseren Audio Codec, einen externen Clear-CMOS-Button, 2 USB Ports mehr am I/O Panel sowie einen weiteren Passivkühler für eine M.2. Dagegen fehlt ein PCIe 5.0 M.2 Slot sowie ein Durchfluss-Sensor. Das Z790 Board kostet dabei ca. 40€ weniger. Während der preisliche Unterschied auch bei anderen MSI Boards so ungefähr passt, scheint mir die Austattung sonst aber doch meist deutlicher für die X670E Boards zu sprechen als in diesem speziellen Fall.
- Preis-/Leistungsverhältnis
Weiter oben bin ich ja bereits auf den Vergleich zu einigen anderen MSI Boards eingegangen. Gleichzeitig lohnt sich aber auch der Blick auf Boards mit B650(E) Chipsatz. Viele B650 Boards sind gut 100€ günstiger. Abstriche macht man dann zumeist hinsichtlich PCIe 5.0. Wer damit leben kann, kann also nochmal bares Geld sparen.
Aber auch die besser ausgestatteten B650E Boards können eine gute Alternative darstellen, ohne wirklich Abstriche machen zu müssen. Ein ASUS ROG Strix B650E-E Gaming WIFI hat 2 x PCIe 5.0 (x16 & x4) Slots, verzichtet dennoch nicht auf den PCIe 5.0 M.2 Slot, hat einen besseren Audio Chip, mehr virtuelle Phasen für die Stromversorgung, Thermal Sensor, RGB (wer's braucht), mehr M.2 Kühler und sogar eine Diagnostic LED mit Segmentanzeige. Das ROG Board hat mehr USB Ports am I/O Panel. Auch das Zubehör kann mich WLAN-Nutzerin mit einer WIFI 6E Antenne mit Verlängerungskabel eher überzeugen als die beiden gewöhnlichen Innenantennen beim MSI Board. Das ganze attraktive Paket gibt es dann zum selben Preis wie das X670E Tomahawk WIFI.
Gewissermaßen ist das der Punkt, wo ich für mich die Vermutung treffen muss, dass der X670E Chipsatz auf diesem Board als "Blendwerk" verbaut wird. Die Features und damit einhergehend das Preis-Leistungs-Verhältnis treffen auf dem Markt nämlich auf überlegene Konkurrenz, die stattdessen den vermeintlich kleineren B650E Chipsatz verbaut.
- Fazit
Das MSI MAG X670E Tomahawk WIFI ist ein solide ausgestattetes Board zu einem soliden Preis. Es ist gut verarbeitet und läuft (fast) einwandfrei. Ich hätte bis auf das im EXPO-Betrieb noch nicht stabile BIOS nichts zu mäkeln, wäre es nicht so, dass andere Hersteller in diesem Preissegment mitunter etwas besser ausgestattete B650E Boards platzieren. "Das Bessere ist der Feind des Guten" und so ist es auch hier: der Blick über den Tellerrand lohnt.