Produkttester
Mit dem MEG Z390 ACE hat MSI ein Mainboard für den gehobenen Anspruch im Sortiment. MEG steht für "MSI Enthusiast Gaming", und diese höchste Serie besteht beim neuesten Intel-Chipsatz Z390 aus nur zwei Modellen, nämlich dem ACE und dem GODLIKE. Da das GODLIKE mit gut 500 Euro nochmal fast doppelt so viel kostet, ist das ACE die attraktivere Variante, zumal es sich mit seiner umfangreichen Ausstattung und den Features auch nicht zu verstecken braucht. Ganz im Gegenteil, es wird Einiges geboten.
Schon beim Auspacken ist man über das Gewicht erstaunt. Hier wurde nicht an Material gespart, die Kühlkörper sind massiv und alle Komponenten machen einen hochwertigen Eindruck. Die VRM-Sektion (CPU-Spannungswandler) ist gut bestückt. Man sieht direkt, dass dieses Board entworfen wurde, um auch einen übertakteten Core i9-9900K souverän zu betreiben. Bei manchen Mainboards mit günstigerem Design darf man nämlich durchaus bezweifeln, ob diese mit den dann allein durch die CPU anfallenden 200, 250 Watt klarkommen würden.
MSI hat beim ACE auf schrille rote Akzente verzichtet, der Look ist erwachsen: Wer sich seiner Kraft bewusst ist, muss nicht protzen. Die Besonderheit des "Mystic Light Infinity" - einer integrierten RGB-LED-Beleuchtung über dem linken VRM-Kühlkörper - sieht man erst, wenn der Rechner an ist.
Metallverstärkungen um die PCI-Express-Slots sorgen dafür, dass man auch schwere Grafikkarten einsetzen kann, ohne die Slots mechanisch zu sehr zu belasten. Bei den DDR4-Slots soll die Metallumrandung hingegen für eine bessere Signalabschirmung sorgen, was bei einem hohem Speichertakt von übertaktet bis zu DDR4-4500 (!) auch einen Unterschied machen kann. Der dritte M.2-Slot wird von einem flachen, aber massiven Kühlkörper bedeckt. Überhaupt ist die Verarbeitung insgesamt auf sehr hohem Niveau. Alles ist sehr solide, nichts fühlt sich billig an.
Dreifache M.2-Slots sind ein Merkmal eines High-End-Boards. An USB-Anschlüssen hat MSI alles aufgefahren, was die Technik hergibt. Hinten sind satte sechs USB-Ports der neuesten Generation 3.1 Gen2, davon 5x Typ A und 1x Typ C, sowie intern nochmal zwei Typ-C-Anschlüsse für das Frontpanel. Dazu hinten vier USB 2.0-Ports, mit einem davon kann auch ohne CPU das BIOS updaten. Intern dann nochmal je zweimal USB 2.0- und 3.0-Pfostenstecker. Die saubere Audiolösung basiert auf einem Realtek ALC1220 HD samt DAC und japanischen Kondensatoren.
Details wie die unten rechts integrierten Schalter für Ein/Aus und Reset, der Overclocking-Drehknopf sowie die Messpunkte für die Spannungen deuten darauf hin, dass auch an diejenigen gedacht wurde, die das Board außerhalb eines Gehäuses betreiben, z.B. für Overclocking mit Flüssigstickstoff. Natürlich kann auch der normale Bastler davon profitieren.
Kommen wir zum Praxiseinsatz. Das System umfasst bei mir einen Core i5-9600K, als Kühler kommt ein Noctua NH-U14S zum Einsatz, dazu 2x 8GB Kingston HyperX Fury DDR4-2666 RAM und eine Samsung 970 Pro M.2-SSD. Versorgt wird das Ganze durch ein Seasonic Prime Ultra Platinum 550W-Netzteil. Natürlich alles von Mindfactory ;) Als Grafikkarte muss vorerst eine GeForce 1050 Ti herhalten, die wird demnächst noch aufgerüstet.
Erst CPU und Kühler rein, bei einem Luftkühler sollte man schon jetzt den Lüfter ans Board anschließen, damit man nicht im eingebauten Zustand umständlich herumfriemeln muss. Auch den Arbeitsspeicher habe ich direkt eingesetzt. Hierbei wird laut Handbuch der zweite und vierte Slot von links zuerst benutzt.
Sofern man eine M.2-SSD einsetzt, sollte man ebenfalls das Handbuch studieren. Sinnigerweise setzt man sie in den dritten M.2-Slot, wo der "M.2 Shield Frozr"-Kühlkörper die Temperatur in Schach hält. Dabei gilt es zu beachten, dass man je nach M.2-SSD unterschiedlich vorgehen muss.
Zuerst zur Länge der SSD: Die meisten Modelle dürften 2280er sein, so auch meine 970 Pro. Dann muss man erstmal die Schraube und die Mutter herausdrehen, die im linken Loch der Wärmeleitpads für 2260er SSDs vormontiert sind. Für die Mutter braucht man eine Spitzzange oder dergleichen.
Der zweite Aspekt betrifft die Wärmeleitpads. Direkt unter dem Kühlkörper sitzt ein Pad, und auf dem Board nochmal zwei Pads übereinander (getrennt durch eine Schutzfolie). Erstmal zieht vom Pad des Kühlkörpers die Folie ab. Jetzt muss man schauen, ob die SSD einseitig oder beidseitig bestückt ist, ob also nur auf der Oberseite Chips sitzen oder auch untendrunter. Letzteres wird eher bei hohen Kapazitäten ab 1TB der Fall sein. Meine SSD ist einseitig bestückt, also das Handbuch konsultiert:
Somit musste ich die Pads auf dem Board erst voneinander trennen, dann die Schutzfolien dazwischen entfernen und das obere auf das untere Pad kleben. Nun die SSD angewinkelt in den Slot schieben. Zuletzt den Kühlkörper einhaken, runterdrücken und festschrauben. Bei einer 2280er SSD schraubt man also nur den Kühlkörper fest und nicht die SSD selbst. Man hat nun zwei Pads von unten und eins von oben. Überbleiben sollten am Ende die drei Schutzfolien der Pads, sowie Schraube und Mutter vom 2260er-Schraubloch. Hat man eine beidseitig bestückte M.2-SSD, entfernt man das zweite Pad, was auf dem Board ist (so dass man von unten und von oben jeweils nur ein Pad hat).
Das Board ins Gehäuse einzusetzen ist dank der vormontierten ATX-Blende ein Kinderspiel. Die Blende passt haargenau in die Aussparung des Gehäuses. Vorher sollte man noch schauen, dass man nur die neun Abstandshalter im Gehäuse hat, die auch mit den neun Schraublöchern des Boards korrespondieren. Auf der Board-Rückseite gibt es extra weiß markierte Punkte, wo keinesfalls ein Abstandshalter sein darf.
Es fällt auf, dass keine Grafikausgänge an der ATX-Blende vorhanden sind. MSI hat realisiert, dass die Zielgruppe für dieses Board - also vornehmlich Enthusiasten, Gamer und Overclocker - sowieso eine oder sogar mehrere Grafikkarten einsetzen, und mutig die Grafikausgänge weggelassen. Dadurch konnte auch bei der Spannungsversorgung eine VRM-Phase für die integrierte CPU-Grafik entfallen, was nun direkt der eigentlichen CPU zu Gute kommt.
MSI arbeitet auf dem ACE mit einem 13- bzw. 12-Phasen-VRM für die CPU (in 6+2-Konfiguration, d.h. durch rückseitige Chips gedoppelt). Das ist ein Garant für eine stabile Spannung sowie gleichmäßige Wärmeverteilung über mehr Komponenten, auch bei hohem Overclocking. Für den möglichst sparsamen Verbrauch bei geringen Lastzuständen sind günstigere Boards natürlich besser aufgestellt, auch wegen deren weniger Onboard-Features. Will man jedoch zum Beispiel einen 9900K bändigen, ist die MSI-Lösung genau das Richtige.
Nun Stromanschlüsse, die ganzen Frontpanel-Kabel und sonstige Peripherie angeschlossen und es kann losgehen.
Bei der CPU-Stromversorgung sind zwei 8-pin EPS12V-Anschlüsse vorgesehen, und im Handbuch ist nicht erläutert, ob man beide braucht. Aber Entwarnung, falls das Netzteil lediglich einen 8-pin EPS-Stecker mitbringt: Dieser kann bereits über 300 Watt liefern! Nur das eine gesteckte Kabel am "CPU PWR1"-Anschluss links ist Pflicht, der "CPU PWR2"-Anschluss ist optional und wohl nur für Overclocking-Rekordversuche oder das ruhige Gewissen relevant. Es gibt bei mir jedenfalls keinerlei Unterschied, ob ich nur den linken EPS12V-Stecker anschließe, oder per Molex-Adapterkabel auch den zweiten Anschluss mit Strom versorge. Auf dem Board laufen die Leiterbahnen am Ende eh zusammen.
Nach dem ersten Einschalten habe ich (bei vorsichtshalber noch sehr konservativen Einstellungen, also Speicher auf DDR4-2133 etc.) direkt das BIOS- bzw. UEFI-Update auf das momentan aktuelle 7B12v12 durchgeführt. Man ist beim ersten Aufruf erst im "EZ Mode", wo alles recht simpel gehalten ist, dach drücken von F7 sieht man alle Optionen. Und nach der Auswahl von "M-Flash" startet das Board neu und man kann das aktuelle BIOS vom USB-Stick aufspielen. Dies dauert zwei, drei Minuten, dann geht man wieder ins BIOS und nimmt die Einstellungen vor.
Jeder, der in den letzten Jahren mal ein MSI-Board hatte, kommt sofort zurecht. MSI haben ihr UEFI-Design einmal auf ein vernünftiges Niveau gebracht und seitdem daran festgehalten bzw. nur noch Details verfeinert. Das BIOS reagiert sehr flott, auch wenn man es mit der Maus bedient. Immer sehr nützlich ist die Anzeige der Änderungen vor dem Speichern.
Dank der sieben auf dem Board verteilten und voll geregelten Lüfteranschlüsse bleiben keine Wünsche offen. Wasserpumpen werden unterstützt. Sowohl 4-pin- als auch 3-pin-Lüfter können vollumfänglich per Lüfterkurve geregelt werden, dabei kann man entweder die CPU- oder System-Temperatur als Referenz nehmen. Auch eine Hysterese (griechisch: Nachwirkung) lässt sich einstellen, also dass die Lüfter z.B. bei schnell sinkender CPU-Temperatur nicht ruckartig runterdrehen, sondern langsam die Drehzahl reduzieren (Schritte bis zu eine Sekunde lang). Die CPU-Temperatur kann sich sehr schnell ändern, aber das Gleiche muss dank Hysterese nicht für das Lüftergeräusch gelten.
Die Gehäusebelüftung stellt man am Besten so ein, dass sie auf die CPU-Temperatur reagiert. Ab drei Gehäuselüftern kann man einen davon auch auf die Systemtemperatur reagieren lassen, bzw. wenn man vorne zwei und hinten einen Lüfter hat so wie ich, stellt man für den Hinteren die Kurve etwas steiler ein.
Im BIOS sollte man folgende Dinge grundsätzlich aktivieren:
Power Management Setup -> ErP Ready (für geringeren Verbrauch im ausgeschalteten Zustand)
Windows OS Configuration -> Windows 10 WHQL Support
Der Rest der Einstellungen ist meist schon sinnvoll gewählt.
Windows 10 ist zügig installiert, man braucht während der Installation auch keine Treiber für die NVME-SSD, diese kann man später in Windows installieren. Bereithalten sollte man aber entweder die Treiber für das Killer-LAN oder das Intel-WLAN, damit man ins Internet kommt. Die Treiber auf der MSI-Seite sind aber nicht die ganz Aktuellen, auf der Killer-Webseite gibt es z.B. Neuere. Das Intel-WLAN arbeitet mit zwei Antennen (in einem Antennenstummel samt Stativ zusammengefasst), hinten an der Anschlussblende draufgeschraubt. Es ist kein Spar-WLAN, sondern das Intel Wireless AC-9560, eine performante Lösung, die direkt am Z390-Chipsatz angebunden ist und schnelles 2x2 802.11ac Wi-Fi sowie Bluetooth 5.0 bereitstellt. Der Praxistest mit einer aktuellen Fritz!Box zeigt sehr gute Werte, die nur durch die Box limitiert werden und nicht durch das Onboard-WLAN. Von der Geschwindigkeit fühlt es sich genauso an wie Gigabit-LAN.
Als Spieler wird man natürlich trotzdem auf die Killer E2500 Gigabit-LAN-Schnittstelle zurückgreifen wollen, zumal die Killer-Software eine automatische Priorisierung von Spielen ermöglicht: Selbst wenn im Hintergrund ein Download läuft, gibt die Software dem Spiel genug Raum zum Atmen, damit der Ping niedrig bleibt. Die Killer-Lösung läuft bei mir sehr stabil und steht einem Intel-Netzwerkchip mittlerweile subjektiv in nichts mehr nach. Früher wurde ein Killer-Chip manchmal gar als Nachteil angesehen, aber mittlerweile läuft alles rund.
Kommen wir zu einigen Leistungstests. Als Vergleichskandidat steht mein bisheriges System zur Verfügung, bestehend aus einem MSI Z170A Gaming Pro Carbon mit Core i5-6600K.
Bei den Datenraten von Arbeitsspeicher und SSD ist alles wie erwartet. Die Geschwindigkeit des RAMs ist bei DDR4-2666 (die höchste offiziell unterstützte Taktrate) im Soll. Die Samsung 970 Pro reizt die vier PCIe-Lanes mit an die 3 GB/s gut aus. Ein RAID aus mehreren NVMe-SSDs wäre Perlen vor die Säue geworfen, denn auch die DMI-Verbindung zum Prozessor besteht aus vier Lanes, somit wäre dort ein Flaschenhals. Der SSD-Kühlkörper macht seine Sache übrigens gut und ist nicht nur ein Gimmick, die ausgelesene Temperatur ging nie weit über 40°C hinaus.
Die CPU-Geschwindigkeit hat gegenüber den bei Intel jahrelang zum Einsatz kommenden Vierkernen natürlich ziemlich zugelegt. Einem Cinebench-Resultat des i5-6600K von 611 Punkten (CPU) stehen nunmehr 1092 Punkte mit dem i5-9600K gegenüber, der sechs Kerne und höhere Turbo-Takte mitbringt. Auch sonstige Tests wie der integrierte WinRAR-Benchmark bescheinigen ähnliche Zugewinne (6319 Punkte -> 10550 Punkte). Es hat sich gelohnt, dass AMD konkurrenzfähige CPUs am Markt hat, erst dadurch kam bei Intel Bewegung in die Sache. Und MSI liefert mit dem ACE sowohl für Sechs- als auch Achtkerner einen potenten Unterbau.
Die Geschwindigkeit der Z390-Boards sollte bei identischer CPU immer auf vergleichbarem Niveau sein. Die Unterschiede ergeben sich eher aus der Ausstattung, den verwendeten Komponenten und der Stabilität.
Ist das BIOS einmal richtig konfiguriert, gibt sich das System bei der Stabilität wie erwartet keine Blöße und agiert immer souverän. Selbst wenn man mit dem Stresstest-Tool "Linpack Xtreme" die CPU-Leistungsaufnahme auf die Spitze treibt, bleibt das MSI völlig unbeeindruckt. Ich konnte mit dem Infrarot-Thermometer an den Spannungswandler-Kühlkörpern gerade mal etwas über 40°C messen, was phänomenal niedrig ist (der MOS-Sensor zeigt natürlich mehr an, aber der sitzt ja auch unter dem Kühler). Wieder einmal wird klar, dass man für dieses Board einen i7-9700K oder -9900K plus eventuelles Overclocking im Hinterkopf hatte. Über meinen 9600K kann das MEG Z390 ACE nur müde Lächeln.
LatencyMon bescheinigt Fähigkeit zur Audiobearbeitung ohne Dropouts.
Zusammengefasst kann man sagen, das MSI MEG Z390 ACE agiert von den Features und der CPU-Spannungsversorgung auf dem High-End-Niveau, mit Konkurrenten wie dem ASRock Z390 Taichi, ASUS ROG Maximus XI Hero, oder Gigabyte Z390 Aorus Pro WIFI bzw. Z390 Aorus Ultra.
Das Board ist dafür gerüstet, einen 9900K übertakten, und muss auch für AVX-Last nicht zwingend einen negativen Multiplikator-Offset verwenden. Laut Übertakter-Foren kann auch High-End DDR4-Speicher sehr gut ausgefahren werden. Dank der leistungsfähigen Kühllösung wird das Board eine dauerhaft hohe Belastung problemlos durchstehen.
Der gehobene Preis ist angesichts der hochwertigen, umfangreichen Ausstattung und der Reserven für die CPU noch als angemessen zu betrachten. Gigabyte übt aber mit Kampfpreisen z.B. für das Z390 Aorus Pro WIFI ziemlichen Druck aus. Sollte der Preis des ACE noch etwas nachgeben, dann kann man es absolut vorbehaltlos empfehlen.
In der MSI-Produktfamilie betrachtet, ist es eine sehr gute Wahl für den anspruchsvollen Nutzer. Denn das GODLIKE darüber wird Vielen zu teuer sein, und unterhalb des ACE fangen halt die Kompromisse an. Wer z.B. eine oder gar mehrere teure Grafikkarten einsetzt, will ja auch einen angemessenen Unterbau. Hat man ein Gehäuse mit Fenster, setzt das ACE zudem optisch tolle Akzente und kann alle erdenklichen RGB-LED-Komponenten steuern.