Produkttester
NZXT ist noch nicht für lange Zeit auf dem Peripherie-Markt zu finden. Viel ungewöhnlicher ist, dass sich an dieser Stelle sofort an eine vollmodulare, mechanische Tastatur herangewagt wird. Die nächste Frage, welche sich direkt stellt: Für wen ist diese Tastatur? - Für einen Enthusiasten, der seine Tastaturen selbst baut? Wahrscheinlich nicht. - Für einen Einsteiger in modulare mechanische Tastaturen? Schon eher. - Für NZXT Fans, die zusätzlich zum Rechner auch noch die Maus und Tastatur im gleichen Ästhetikschema haben wollen? Hier zählt das Bauchgefühl mehr als eine Rezensionen.
Gutes
Die Tastatur ist angenehm schwer und wertig. Viele Teile sind aus Metall. Andere Farben, außer bei dem Lautstärkeregler, sind nicht vorhanden. Dieser hat in NZXT Lila einen Akzent gesetzt. Das stört aber nicht weiter. Eine sehr gute Entscheidung ist es auch, dass auf Gateron Reds (Switche) gesetzt wurde. Das soll nicht heißen, dass Gateron Reds die besten Switche auf dem Markt sind, dies ist immer noch persönliche Präferenz. Vielmehr möchte ich NZXT dafür ehren, dass sie nicht wie andere Hersteller ihre schrecklichen selbst-hergestellten "innovativen" oder "revolutionären" Switche verbauen. Auch eine sehr schöne Maßnahme ist es, dass NZXT auch andere Switche über ihr BLD Programm anbietet. Weiter ist die Tastatur sehr wertig verarbeitet, die Toleranzen sind gering und alles passt. Ebenfalls schön ist zu sehen, dass die Tastatur mit einem USB-Typ C Anschluss versehen ist und das Kabel sich so austauschen lässt. Das ist bei Custom Builds Standard, jedoch bei anderen Herstellern noch nicht angekommen.
Mittelmäßiges
Schade ist, dass das Potenzial einen oder zwei weitere USB-Ports (A oder C) über das USB-C Kabel durchzuschleifen, verschenkt wurde. Ebenfalls wurde bei den LEDs Potenzial verschenkt. Im direkten Vergleich zu Produkten von bspw. Razer wirken die LEDs relativ gedimmt. Bei der weißen Version fällt dies nicht so stark ins Gewicht, der Unterschied ist neben meiner Razer Maus aber dennoch zu erkennen. Weiter sind die LEDs auf der Tastatur nördlich der Switche angebracht. So wirken die LEDs zwar kräftiger aber beim Tauschen der Switche können bei manchen Cherry-ähnlichen Switchen und Kappen Interferenzen auftreten. Schöner wären hellere, südlich angebrachte LEDs. Auch wenn diese unter den Switchen dann nicht so hell wirken würden.
Auf den Switchen sitzen die PBT-Tastenkappen. Die sind sehr gut verarbeitet: kein Wellen, keine Farbabweichungen, gleiche Dicke. Nur im direkten Vergleich zu Tastenkappen von bspw. GPBT oder GMK bemerkt man, wie viel Luft nach oben noch besteht (nicht viel). Zudem missfällt mir das Finish der Oberfläche. Sie zieht Fingerabdrücke und Hautfette an. Persönlich sind mir die Tastenkappen ein wenig zu hoch. Dazu sei gesagt, dass die Beschriftung für die Zweitbelegung auf dem Numpad fehlt. Allgemein sind die Beschriftungen etwas unkonventionell für den deutschen Markt.
Interessant zu sehen ist, dass der Rand der Tastatur gänzlich fehlt. Das trägt ungemein zur Schönheit bei und die Tastatur lässt sich um ein Vielfaches leichter reinigen, sorgt aber für eine ungewohnte Schreibhöhe. Die mitgelieferte Handballenablage wirkt dem etwas entgegen, obwohl sie für große Hände knapp bemessen ist. Sie ist auch für langes Schreiben nicht sonderlich bequem, da sie nicht gepolstert ist. Dafür fällt das Reinigen leicht, da sie nur aus Plastik und perforiertem Gummi besteht. Sie wird von überraschend starken Magneten gehalten. Mit einem Rand hätte der Keil der Ablage steiler sein können und die Tastatur würde so ergonomischer sein. Diese Probleme werden besonders beim Programmieren oder langem Schreiben von Texten deutlich. Beim Spielen fällt dies nicht auf. Denn es sei nicht zu vergessen, dass sich NZXT stark im Gaming-Segment ansiedelt. Die Ergonomie tritt hier in den Hintergrund und andere Funktionen sind gefragt.
So muss ein Hardware Gerät jetzt intelligent sein und es wird eine Software benötigt. CAM nennt NZXT ihr hauseigenes Anpassungsprogramm. Es ist wieder ins Gedächtnis zu rufen, dass es NZXTs erste Tastatur ist. Da sich Software schnell ändern kann, kann ich nur vom aktuellen Stand ausgehen. Ungeschlagen auf dem Gebiet ist immer noch Razer mit Synapse. Vorwegzunehmen ist, dass das auch so bleiben wird, aber wenn NZXT in gleicher Geschwindigkeit weiter daran arbeitet, wird der Abstand immer enger. Die Beleuchtungseffekte sind viel weniger, sehen jedoch sehr gut aus. Makros sind noch nicht ganz so potent. Das Remapping beschränkt sich auf das Drücken einer Taste. Es können also keine Systembefehle ausgeführt werden, oder gar Programme geöffnet werden. Eine Zweitbelegung ist über die "fn"-Taste möglich. Ich hoffe, dass NZXT hier noch nachlegt. Umso schöner ist, dass die Profile auf die Tastatur gespeichert werden können. Schade ist, dass das Lautstärkerad und die drei Tasten an der Seite nicht neu belegt werden können. Auch bietet CAM zwar die Möglichkeit das Spielen von Spielen zu erkennen und dann ein Overlay anzubieten. Jedoch ist ein automatischer Wechsel des Profils, je nach Programm, noch nicht möglich. Ein Wunsch von mir wäre die Erweiterung um eine API von NZXT bezüglich der Beleuchtung. Das Aufleuchten bei Quellcodefehlern oder in Davinci Resolve oder in einer DAW zur Überwachung der Lautstärke der einzelnen Kanäle ist für mich zu einer hilfreichen Bereicherung, die ich nicht missen möchte, geworden.
Für viele Enthusiasten ist der Klang der Tastatur sehr wichtig. Die Tastenkappen klingen etwas hohl, aber besser als viele andere große Hersteller. Man merkt jedoch deutlich, dass sich Gedanken beim Bauen gemacht wurden. Das Board ist bereits mit Schaumstoff ausgestattet. Beim Öffnen der Tastatur fällt auf, dass die Kabel fraglicherweise mit Heißkleber befestigt sind. Der Klang ist insgesamt aber trotzdem etwas klapprig. Um dem entgegenzuwirken habe ich zusätzlich zu anderen Tastenkappen die Switche geschmiert. Gelbe oder schwarze Switche würden möglicherweise noch etwas schöner klingen, jedoch war ich nach dem Schmieren mit anderen Tastenkappen zufrieden. Vom Klang sind sie also nicht schlecht.
Schlechtes
Die Stabilisatoren sind für mich eine Erschwernis. Sie klappern ungemein. Da nachdem ich diese geölt habe keine zufriedenstellende Besserung hörbar war, habe ich noch die Ausfräsungen mit Klebeband kleiner gemacht, sodass die Stabilisatoren nicht so stark im Gehäuse schlickern.
Der folgende Kritikpunkt betrifft wahrscheinlich nur einen sehr kleinen Anteil der Käufer der Tastatur. NZXT CAM wird nicht unter Linux unterstützt. Und die Tastatur über einen Windows Rechner mit einem Profil zu bestücken, damit dies auf der Linux Maschine genutzt werden kann, ist umständlich.
Fazit
Ein wenig enttäuscht bin ich über das viele verschenkte Potenzial bei dieser Tastatur. NZXT hat vieles richtiggemacht, ist aber auch über viele Stolpersteine gestolpert. Insgesamt bin ich gespannt, ob NZXT in der nächsten Iteration diese kleinen Auffälligkeiten ausbessert. Alles in allem ist die Tastatur ein solider Einstieg in vollmodulare Hotswap-fähige mechanische Tastaturen, sowohl seitens NZXT als auch für Einsteiger.
Letztendlich ist die Kaufentscheidung jedem selbst überlassen.