Produkttester
Hallo zusammen,
diese Bewertung ist im Rahmen der "Testers Keepers" Aktion von Mindfactory entstanden. Die einzigen Vorgaben von Mindfactory sind: mindestens 1000 Wörter schreiben und auf die Kategorien Design, Verarbeitung, Montage, Leistung, Preis-/Leistungsverhältnis und Haltbarkeit eingehen.
Am Ende der Bewertung steht ein TL;DR.
Warum ein B650 Board?
Wenn man aktuell eine AM5 CPU einsetzen möchte, hat man beim Chipsatz vermeintlich die Qual der Wahl. Man kann nun stundenlang Tabellen wälzen, um die Anzahl der PCIe Lanes zu vergleichen oder wie viele Phasen und Ampere die VRMs haben. Man kann sich aber auch einfach an folgende Faustregel halten: Wer seinen PC für Gaming, Streaming, normales Multitasking und alltägliche Aufgaben nutzen möchte, braucht in der Regel nicht mehr als das, was ein B650 Board bietet.
Warum gerade dieses B650 Board?
Diese Frage ist schon wesentlich schwieriger zu beantworten.
Betrachten wir zunächst den Preis. Die Preise für diesen Chipsatz liegen zwischen 120 € und 320 €. Das Mittelfeld, also der Bereich, in dem sich etwa die Hälfte der Boards befindet, liegt zwischen 170 € und 230 €. Dieses Board liegt also am unteren Ende des Mittelfelds. Ob das gut ist, hängt nun ganz von der "Leistung" ab.
Was ist jetzt eigentlich die "Leistung" eines Mainboards? Sind es die FPS und Frametimes, die hier entscheiden, wie bei einer Grafikkarte oder einer CPU? Wohl kaum. In einer Kette von Komponenten, die einen Einfluss auf die FPS haben, steht das Mainboard ganz hinten, kurz vor den Komponenten, die keinen Einfluss auf die FPS haben. Die Unterschiede zwischen den Mainboards sind in der Regel gering, wenn es hier krasse Auffälligkeiten gäbe, würden diese garantiert in der Fachpresse behandelt, wie z. B. die zu heißen VRMs bei bestimmten Boards eines Mitbewerbers oder die geschmolzenen CPUs und Boards beim 7800X3D durch zu hohe SOC-Stromspannung. Wenn wir also bei Mainboards von "Leistung" sprechen, dann bezieht sich das hauptsächlich auf die Ausstattung und die wollen wir uns jetzt mal anschauen.
Alle derzeit erhältlichen AM5 CPUs passen auf dieses Board. Ein Blick in die ständig aktualisierte Kompatibilitätsliste von MSI verrät dies auch für zukünftige CPUs. Die CPU ist angebunden über 2 separate 8-polige Stecker und ein 12 + 2-phasiges VRM Layout. Das ist erst einmal eine gute Nachricht, denn dieses ist eigentlich "überdimensioniert". Die vorher erwähnten Boards mit zu heißen VRMs hatten nur ein 4-Phasen Layout. Ich habe keine sinnvolle Möglichkeit, die Temperaturen selbst zu messen. Aus anderen Vergleichstests habe ich aber folgende Info: Kein Mainboard mit mehr als 12 Phasen hatte über 76° heiße VRMs, vergleichbare Boards von MSI - sowohl vom Preis als auch von den Phasen her - lagen sogar bei ca. 65°. Von den beiden 8-poligen Steckern wird eigentlich nur einer wirklich benötigt, da selbst ein 7950X unter Volllast nicht genug Strom zieht, um die 336 Watt eines Steckers auszureizen. Hier müsste schon massiv übertaktet werden und damit meine ich übrigens Flüssigstickstoffkühlung und nicht Auto-Overclock.
In den 4 RAM Slots sollten entweder 2 oder 4 RAM Sticks im Dual Channel Betrieb verwendet werden. Offiziell wird RAM bis 6000 MHz inklusive EXPO-Profil unterstützt, welcher genau, ist wiederum der Kompatibilitätsliste zu entnehmen. In der Dokumentation findet sich jedoch der Hinweis, dass auch 6000+ MHz RAM unterstützt wird. Je nach Prozessor ist es aber teilweise sogar unsinnig, höher getakteten RAM zu verwenden. Der allseits beliebte - und auch von mir verwendete - 7800X3D fühlt sich bei 6000 MHz sehr wohl, man kann sich durchaus an die Liste halten und dabei auch noch etwas Geld sparen.
Weiterhin gibt es zwei PCIe 4.0 x16 Slots und einen PCIe 3.0 x1 Slot. Es können also maximal 3 Erweiterungskarten eingebaut werden. Das hört sich nach wenig an, aber in den meisten Rechnern steckt nur eine Erweiterungskarte, die Grafikkarte. Zwischen dem ersten Slot hier und den folgenden Slots ist genügend Abstand, sodass selbst eine Triple-Slot-GPU keine PCIe-Slots verdeckt. Der erste PCIe Slot ist zusätzlich verstärkt, MSI nennt das "Steel Armor", ob das wirklich nötig ist, wage ich mal zu bezweifeln. Hätte man hier den B650E Chipsatz gewählt, bekäme man PCIe 5.0 statt PCIe 4.0. Dieses Upgrade lohnt sich aber überhaupt nicht, da selbst eine RTX 4090 die PCIe 4.0 Bandbreite nicht voll ausnutzt, es also potenziell noch Jahre dauern kann, bis die zusätzliche Bandbreite von PCIe 5.0 benötigt wird.
Etwas anders sieht es bei den M.2 Slots aus. Davon hat das Board 2 Stück - wovon einer bereits mit einem Kühlkörper ausgestattet ist - und diese sind auch per PCIe 4.0 angebunden. Für diese Slots kann bei B650 Boards optional auch PCIe 5.0 verwendet werden. Etwa die Hälfte der Boards in dieser Preisklasse tut dies auch. Grundsätzlich ist dies natürlich nicht notwendig, da es derzeit kaum PCIe 5.0 SSDs gibt, die wenigen die es gibt sind um den Faktor 2-3 teurer und praktisch gleich schnell wie PCIe 4.0 SSDs. Im Gegensatz zu Grafikkarten reizen aktuelle PCIe 4.0 SSDs die Bandbreite von PCIe 4.0 aber schon fast vollständig aus. Es wird daher eher Monate als Jahre dauern, bevor deutlich schnellere SSDs den Markt erobern. Ob diese dann auch in der alltäglichen Nutzung spürbar schneller sind, bleibt abzuwarten, erste Ergebnisse zeigen bisher nur sehr geringe Verbesserungen bei der Ladezeit von Spielen oder der Startzeit von Windows. Wie es aber in 3 Jahren aussieht, wenn Direct Storage weiter verbreitet ist und die Geschwindigkeit der SSDs weiter gesteigert wurde, kann man heute noch nicht abschätzen, daher wäre ein Board mit PCIe 5.0 M.2 Slots zukunftssicherer. Momentan ist es aber nicht zwingend erforderlich.
Das waren bisher die "big picture" Unterschiede, wo man sich überlegen muss, ob man das System für 2 Jahre oder für 10 Jahre Nutzungsdauer auslegt. In den nächsten Abschnitten geht es mehr um persönliche Präferenzen, daher versuche ich mich kürzer zu fassen.
Da Ryzen Onboard-Grafik mitbringt, hat dieses Board auch alle nötigen Anschlüsse dafür. Es gibt 4 SATA Anschlüsse, falls man noch alte SSDs oder uralte HDDs nutzen möchte. Soweit ich das aus dem Handbuch herauslesen konnte, gibt es kein Port-Sharing zwischen SATA und PCIe, was gut ist (kann es nicht testen, da ich nicht genug Laufwerke habe, um alle Ports zu belegen). Der LAN-Port schafft 2,5 Gb/s, was in dieser Preisklasse mittlerweile Standard ist und natürlich ist bei einem Board mit Wifi im Namen auch Wifi an Bord. Das sogar im aktuellen 6e Standard, aber am meisten hat mich überrascht, dass Bluetooth 5.3 an Bord ist, ein Feature, welches bei normalen Rechnern nicht unbedingt üblich ist. Der Sound wird von einem Realtek ALC897 Codec erzeugt, es gibt zwar mittlerweile prinzipiell besseren Onboard-Sound, aber praktisch nicht in dieser Preisklasse. Wer wirklich Wert auf Sound legt, kann eine Soundkarte einbauen, Platz ist genug vorhanden. Alternativ kann man Lautsprecher/Kopfhörer kaufen, die per USB angeschlossen werden, dann übernimmt das gekaufte Gerät die Soundverarbeitung. Außerdem gibt es jede Menge Anschlüsse für Lüfter und RGB. Ach ja, nicht zu vergessen, BIOS-Flashback ist auch dabei, gehört aber mittlerweile zum Standard. Damit kann man auch ohne eingebaute CPU ein BIOS-Update durchführen.
Zu guter Letzt werfen wir einen Blick auf die Anzahl der USB-Ports und beantworten die Frage, ob es genug sind. Das Board verfügt über 8 externe USB-Ports. Diese bestehen aus vier 5 Gbit/s Ports (besser bekannt als USB 3), drei 10 Gbit/s Ports (besser bekannt als USB 3.1) und einem 20 Gbit/s Port (besser bekannt als USB Type C). Zusätzlich gibt es noch vier interne USB Header, über die man mindestens vier USB 2.0, zwei USB 3.0 und einen USB Type C Port an das Gehäuse anschließen kann. Damit kommt man auf insgesamt 15 USB-Ports, was einer außergewöhnlich umfangreichen Ausstattung entspricht.
Das sind die Dinge, die mir bei der Auswahl eines Mainboards wichtig sind, jetzt noch ein paar Nebenschauplätzen, also Dinge, von denen man ausgeht, dass alles in Ordnung ist oder alles den Erwartungen entspricht. Das Mainboard wird gut verpackt ausgeliefert. Im Lieferumfang befinden sich genau die Dinge, die man braucht:
- Zuerst das Board selbst, natürlich antistatisch verpackt
- dann eine Kurzanleitung inklusive QR-Codes zur vollständigen Anleitung online, sowie Youtube Howtos
- sowie die notwendigen "Kleinteile" wie I/O-Shield, M.2 Locker und ein SATA-Kabel.
Es fehlt nichts, CDs und Sticker, die früher gerne beigelegt wurden, vermisst heute kein Mensch.
Was das Design betrifft, so weiß ich ehrlich gesagt nicht, warum die Bewertung darauf eingehen sollte. Es handelt sich um eine schwarze Platine mit grau abgesetzten Kühlkörpern. Es unterscheidet sich nur durch Logos und Schriftzüge von anderen Mainboards mit schwarzem PCB. Das ist jetzt keine Kritik am Board, ich wüsste nur nicht, was man hier positiv oder negativ bewerten sollte. Selbst auf der offiziellen Webseite wird das Design nicht gesondert erwähnt&
Beim Auspacken fällt zunächst das Gewicht des Mainboards auf. Das liegt vor allem an den mittlerweile notwendigen Kühlkörpern. Dadurch wirkt das Board natürlich sehr robust. Es ist verwindungssteif, egal wie man es anfasst (und ohne ESD-Armband sollte man das Board nicht unbedingt überall anfassen), nichts wackelt oder knarzt. Die Verarbeitung macht also einen wertigen Eindruck und auch wenn man nach knapp 2 Wochen noch nichts aussagekräftiges über die Haltbarkeit sagen kann, so kann man zumindest davon ausgehen, dass hier keine Probleme aufgrund der Verarbeitung zu erwarten sind.
Die Montage aller Teile verlief problemlos. Die Schrauben ließen sich leicht ein- und ausdrehen, die RAM-Riegel rasten mit einem zufriedenstellenden Geräusch in die jeweilige Position ein und die Clips schlossen wie erwartet. Die M.2 Locker erleichtern den Einbau einer NVME SSD und die Netzteilstecker rasten sicher ein. Für den Einbau des Boards in das Gehäuse ist sogar das korrekte Drehmoment angegeben, wobei die altbekannte Handwerkerregel "Nach fest kommt ab" als Handlungsmaxime hier eigentlich ausreichen sollte. Zumindest ist mir noch nie ein Mainboard durch zu fest angezogene Schrauben zerbrochen. Beim Anschluss der Frontpanel-Stecker hatte mein 12 Jahre altes Board noch einen nützlichen Adapter, auf den man alle Gehäusekabel stecken konnte, um dann nur noch einen Stecker auf das Board stecken zu müssen, aber das stört jetzt nur noch minimal und die MSI-Anleitung ist hier sehr gut illustriert. Das gilt übrigens für die gesamte Anleitung, alles ist gut erklärt, auch auf Deutsch, die Bilder sind aussagekräftig genug, auch wenn man noch nie einen PC selbst zusammengebaut hat, kommt man damit gut zurecht.
Das UEFI-BIOS sieht schick aus, wobei ich hier keinen wirklichen Vergleich habe, da mein altes Board noch ein "normales" BIOS hatte, ohne grafischen Schnickschnack. Wenn man in die erweiterten Optionen geht, werden diese alle in einem kontextbezogenen Hilfemenü auf der rechten Seite erklärt. So ist es im Grunde einfach, die notwendigen Einstellungen wie Bootreihenfolge, RAM-Profil (XMP oder EXPO) und Lüftersteuerung vorzunehmen, aber auch komplexere Dinge wie das Abschalten nicht genutzter Komponenten bis hin zum manuellen Übertakten sind möglich. Nach der Installation von Windows sollte man noch die Treiber aktualisieren, falls Windows nicht schon automatisch die richtigen installiert hat. MSI bietet zudem noch Tools an, die einem helfen bestimmte Einstellungen vorzunehmen oder Werte auszulesen. Es ist aber nichts dabei was nicht auch auf anderem Wege eingestellt oder ausgelesen werden kann.
TL;DR
Dieses Board bietet ein ausgezeichnetes Preis-/Leistungsverhältnis. Die Anzahl der USB-Ports und der Aufbau der VRMs sind für diese Preisklasse überdurchschnittlich gut. Die fehlende PCI 5.0 Unterstützung für den M.2 Slot ist derzeit noch zu verschmerzen. Wer plant den Rechner 3-5 Jahre zu nutzen, kann mit diesem Board nichts falsch machen.
Ich persönlich bin ein wenig hin- und hergerissen. Nachdem ich meinen letzten PC 12 Jahre im Einsatz hatte und lediglich die Grafikkarte ausgetauscht und eine größere SSD nachgerüstet habe, tendiere ich eher zu einem B650E Board, bin damit aber sicherlich die Ausnahme und keinesfalls die Regel.
Ich hoffe euch hat dieser ausführliche Test gefallen, in Kürze wird es auch ein Unboxing auf Youtube geben, das ihr euch gerne anschauen könnt. Da hier keine Links erlaubt sind - und das Video auch noch nicht hochgeladen wurde - sucht einfach im Laufe der nächsten Woche nach "Testers Keepers" auf Youtube und ihr solltet das Video leicht finden.